Ich komme mal ein wenig aus der anderen Ecke an die Sache heran (Medizin und BB-Turnierveranstalter
)
Die Frage ist ja, was soll ein Turnier sinnvollerweise erreichen. Wir wollen Spaß haben, uns um Würfel zanken und ggf. dabei noch Alkohol trinken (wird weniger in den letzten Turniernjahren meiner Erfahrung nach). Realistisch ist nicht dass wir 2 Stunden eines Spiels nicht miteinander reden. Ob es wirklich realistisch ist, dass wir 2Stunden lang mit Mund-Nase-Schutz unter dem Mindestabstand sitzen lasse ich ebenfalls mal dahin gestellt (Nein ist es nicht, am Eingang eines Raumes knubbelt es sich, in der Raucherecke, auf dem Klo etc.)
Nach aktuellen Richtlinien zählt ein BB-Turnier in einem gut durchlüfteten Raum zu einem Risikoereignis mittleren Risikos. Sobald Du keine guten Lüftungsmöglichkeiten hast zu einem mit hohem Risiko. Hier gibt es Vorgaben bzw. Dokumente jeder Stadt/jedes Landkreises. Ein Turnier ist eine Veranstaltung und unterliegt somit gewissen rechtlichen Rahmenbedingungen.
Corona wird durch Tröpfchen übertragen, evtl. je nach Definition über Aerosole. Hauptübertragungsweg neben direktem Rumhusten sind also die Hände mit denen wir die Püppchen anfassen.
Du bräuchtest also entsprechende Räumlichkeiten die einem Tisch zu allen Seiten diesen Abstand geben können und die am besten die Möglichkeit haben gut und viel zu lüften. Eine Abluftklimaanlage mit Filter habe ich außerhalb eines Krankenhauses auch noch nicht gesehen. Da gibt es in den meisten Städten schon gar nicht mehr so viele (selbst für kleine Turniere) Räumlichkeiten die in Frage kommen und wenn haben die auch ihren entsprechenden Preis. In Deutschland ist wie in anderen Ländern die Kostenfrage durchaus ein Problem für Teilnehmer (nicht wenige fahren nur auf ein Turnier im Jahr). Das heißt, wenn wir ein adäquates Hygienekonzept umsetzen sollen wird es kosten und die Turniere deutlich teurer werden. Dann wäre infektiologisch sinnvoll ein Desinfektionsspender an jedem Tisch oder kleines Desinfektionsmittel für jeden Spieler (muss von der Orga kommen, liegt in deren Verantwortung). Die Leute sollten sich nicht die Hand geben und dürfen nur die eigenen Minis anfassen (Lustiges Nebenproblem: Desinfektionsmittel entfärbt Metallminis!).
Impfnachweis wäre tatsächlich eine denkbare Lösung, scheitert aber daran dass dann Haftungsfragen vollkommen ungeklärt sind, sollte man sich auf einem Turnier anstecken.
Juristisch haftet der Turnierveranstalter für gesundheitliche Schäden die er ggf. durch Organisation mitverschuldet haben könnte. Diejenigen Veranstalter, die privat ohne Mietvertrag an Räumlichkeiten kommen (weil sie den Pastor ihrer Gemeinde gut kennen oder was-weiss-ich) sind sogar voll in der Verantwortung drin, da hier nichts vom Raumanbieter abgedeckt werden muss sondern alles von dem Veranstalter. Das haltet ihr bei einem 20-Mann-Turnier möglicherweise für lapidar, wo ihr alle Leute kennt. Lasst mal einen davon beatmet auf der Intensivstation landen... Oder ihr werdet das Superspreading-Event und der Lokale Einzelhandel muss dicht machen. Wenn Deine Freunde Dich schon nicht vor den Kadi ziehen, wäre ich mir bei letzterem schon nicht mehr so sicher. Darüber hinaus gibt es zu der Thematik meines Wissens nach keinerlei Rechtsprechung bisher.
Aber irgendwer ist immer neu, neue Organisation, ein neuer Mitspieler etc. Auf dem Worldcup zum Beispiel gab es einen wirklichen medizinischen Notfall (!). Darüber hinaus stellt sich eine weitere Frage - was machst Du wenn dann einer ohne Nachweis auftaucht (das kann das Turnier ganz schön in Planungsschwierigkeiten bringen, wer am Turniertag schonmal 3 Leute ersetzen musste weiß was ich meine). Wie stufen wir Leute ein, die Corona durchgemacht haben (nach CT-Wert zulassen? Ein hoher CT-Wert macht eine Übertragung unwahrscheinlich aber nicht unmöglich) Es gibt infektiöse Dauerausscheider(!). Und auf den BILD-Artikel (20 Deppen treffen sich zum Superspreaden) hat auch keiner Lust.
Realistische Einschätzung der medizinischen Situation: Selbst wenn wir in diesem Jahr in Deutschland alle geimpft werden (und ich sage mal, die allermeisten Personen, die ich auf Bloodbowl-Turnieren kennengelernt habe sind keine Impfgegner) stellt sich ja durchaus die Frage, wie es infektiologisch weitergeht. Realistisch ist das Impfangebot wie Spahn gestern sagte Ende des 2. Quartals 2021 durch. Dann sind 50-60% der Bevölkerung geimpft so sie denn wollen. Vorher halte ich Turniere für utopisch, da ich nicht glaube, dass irgendeine Stadtverwaltung das zulassen würde. Ob in der Zwischenzeit sich Spieler und Veranstalter privat treffen -wollen- liegt ja bei ihnen selbst, ob dies sinnvoll ist seine eigene Bloodbowl-Gier über das Allgemeinwohl zu stellen muss auch jeder für sich selbst entscheiden. Darüber hinaus gibt es hier klare gesetzliche Regelungen. Es bleibt die Frage auf einem Turnier - lässt Du nicht-geimpfte zu und was machst Du mit den Virus-positiven die nicht mehr isolationspflichtig sind? Das braucht Dir im übrigen niemand erzählen, welche Krankheiten er wann und wie hatte - das gilt für Corona genauso. Ich würde es rechtlich also fraglich finden diese Aussage erzwingen zu wollen.
Was meiner Ansicht nach aber völlig unklar ist, wie die Zeit aussieht, sobald wir (wann auch immer) Corona überstanden haben. Es wird die Debatte kommen warum wir nicht auf andere Viren so reagieren wie auf Corona (Stichwort Influenza: 10000 Tote im Jahr in D, bei schlimmen Mutationen bis 25000 zuletzt 2017, aktuell vermutlich weniger weil die Influenza-Spreading Events Sylvester und Karneval ausfallen), wir wissen auch noch nicht wie sich evtl. Corona-Mutationen auswirken. Von daher wäre ich gar nicht mal sicher, dass es nach einem (überhaupt nicht definierten) Zeitpunkt X wieder sofort weiter gehen wird. Müssen wir dann neben der Coronaimpfung auch einen Nachweis bringen dass wir kein Influenza haben? George Orwell ruft. Das sind aber gesamtgesellschaftliche Probleme die beantwortet werden müssen. Wir werden damit Leben entweder gewisse Risiken eingehen zu müssen (und dann auch Organisatoren von Veranstaltungen absichern) oder eben uns innerhalb der Gesellschaft wandeln. Das sind aber philosophische Themen die weit über die Bloodbowl-Welt hinaus gehen.
Ich hoffe wirklich dass wir einen Weg finden können, Bloodbowl wieder zu mehreren am Brett spielen zu können. Tatsächlich plane ich den GTB aktuell und hoffe dass ich ihn stattfinden lassen kann (zumindest die Räumlichkeiten passen dafür, ich fürchte aber die Teilnehmerzahl könnte kleiner werden müssen). Gesamtgesellschaftlich habe ich aber bei einer Krankheit die potentiell durch ein Turnier weiter übertragen werden kann ein Problem. Da ist es mir auch egal ob wir 100, 500 oder 1000 Tote am Tag haben. Ich habe auf der Intensivstation die 40jährigen - nicht die über 80jährigen, die landen da in der Regel nicht (mehr). Schaut Euch mal das Durchschnittsalter der BB-Tabletopspieler an. Tatsächlich müssen wir Veranstalter also auf gesetzliche Regelungen warten und diese danach noch mit unserem Sicherheitsbedürfnis und gesundem Menschenverstand kombinieren. Leider eiert die Politik auch dank persönlicher Geltungssucht (Wahljahr) ordentlich herum. Auch dass wir ein Wahljahr haben könnte dazu führen, dass es vor einer Wahl gar nicht zu einer entsprechenden Entscheidung kommt. Fakt ist - ich werde nicht auf eine winzige Gesetzeslücke warten um doch 50 - 100 Mann in einen Raum quetschen zu dürfen, sondern das Turnier dann veranstalten wenn ich es auch (in meinem Fall medizinisch) überhaupt vertreten kann. Selbst mit 10000 Neuansteckungen am Tag tue ich mich da durchaus schwer.
Also Ende der Einschätzung: Es wird frühestens Ende des Jahres Turniere geben (Herbst?), die ggf. aus infektiologischer Sicht machbar wären (immer unter der Annahme der Impfstoff erreicht das was wir wollen und sich die Infektionslage entspannt), wobei unklar ist was dann mit anderen Viren so passiert. Politisch werden wir vermutlich noch länger keine Planungssicherheit haben. Es wird Leute geben (vor allem kleine Turniere) die es vielleicht vorher durchziehen wollen und auch -werden. Vielleicht wird es Städte geben die vorher Treffen von 50 Leuten wieder zulassen werden (hier gibt es Druck aus dem Berufsleben, Seminare etc.) Aus o.g. Gründen finde ich das aus Veranstaltersicht zumindest mutig. Wenn Du Dich mit 10 Leuten triffst denen Du vertraust, die Du vielleicht so gut kennst, dass Du das für Dich vertreten kannst - mag es auch im eher privaten Rahmen was geben. Das sind dann aber keine NAF-Turniere. Ob Du bei einem 20- oder 30 Mann -Turnier (davon gibt es in D auch gar nicht so viele) wirklich alle so gut kennst dass Du die Risiken trägst (sollte es der Gesetzgeber zulassen) ist der Organisation überlassen.
Ob das alles dann noch ausreichend Spaß ist...
Was mir oft bei den BB-Turnieren die hier aktuell teilweise etwas unreflektiert auf der Bildfläche erscheinen zu kurz kommt ist die gesellschaftliche Verantwortung: Ja wir haben alle Lust drauf (ich auch!). Wir SOLLTEN es aber aktuell schlicht einfach nicht tun, auch wenn wir ein Schlupfloch in der Gesetzgebung finden.